Donnerstag, 25. Februar 2010

Liebe Frau Käßmann,

in aller Hochachtung, die ich überhaupt je aufbringen kann: Sind Sie noch bei Trost? Wieso dieser unnötige Rücktritt? Wieso diese Konsequenz, die der EKD auf Dauer mehr schadet als die vorübergehende Medienpräsenz ihrer Ratsvorsitzenden?
Sie waren der EKD eine viel zu kurze Zeit lang eine kluge und charismatische Vorsitzende. Nicht nur der Umstand, dass sie die erste Frau auf diesem Posten waren, hatte Signalwirkung. Auch ihre Unerschrockenheit, den Finger in die Wunde des Zeitgeschehens und des gesellschaftlichen Diskurses zu legen. Sie haben es vermocht, der (evangelischen) Kirche das verstaubte Image abzustreifen und ihr Gehör zu verschaffen, wo sie schon lange aus der öffentlichen Wahrnehmung verschwunden war. Sie haben Menschen für sich begeistert und für den christlichen Glauben und die evangelische Kirche eingenommen. Sie haben das Profil der EKD geschärft und sie aus der Beliebigkeit befreit. Und jetzt gehen sie? Warum?

Die richtige Reaktion wäre gewesen, Ruhe zu bewahren. Es gibt immer und überall jemanden, der sich dank der Fehler eines Anderen profilieren will. Jemand, der wie Sie in der Öffentlichkeit steht, ist per se ein gutes Opfer für solcherlei Kampagnen. Aber laut zu schreien hat noch niemandem ernstlich zu Recht verholfen und das Gedächtnis der Öffentlichkeit ist kurz (von Schäubles deutlich schwerer wiegender Beteiligung am Parteispendenskandal spricht heute auch niemand mehr).

Im Gegensatz zur katholischen Kirche wissen wir, dass kein Mensch unfehlbar ist. Auch Sie nicht (und das hat auch nie jemand von Ihnen verlangt). Es wäre ein weit eindrucksvolleres Zeichen der Größe gewesen, mit dem begangenen Fehler zu leben und offen damit umzugehen ohne das Amt niederzulegen, dessen Führung von ihren fahrerischen Qualitäten mitnichten abhängt. Natürlich ist die persönliche Verantwortung ein schwer wiegender Punkt. Aber diese hätten Sie auch ganz gelassen tragen können wie jeder Verkehrssünder in diesem Lande: mit Führerscheinentzug und einer Geldstrafe.
Ganz ausdrücklich ohne Rücktritt. Der wirkt nämlich weniger wie ein überlegter Schritt, sondern mehr wie eine Flucht vor dem eigenen Fehltritt.

Und auch hier stellt sich mir nochmals die Frage: Warum?

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