Mittwoch, 24. Februar 2010

Wie es aus dem Wald ruft, ohne dass man hinein schreit

Frau Margot Käßmann, Bischöfin und Ratsvorsitzende der evangelischen Kirche in Deutschland, hat sich bei einer Trunkenheitsfahrt erwischen lassen. Das ist nicht schön und zeugt in dieser Hinsicht von bestenfalls eingeschränktem Verantwortungsgefühl. Keine Frage. Aber damit steht Frau Käßmann doch keinesfalls allein. Wie oft passiert es denn jeden Tag in Deutschland, dass ein Trunkenheitsfahrer aufgegriffen wird? Schlimmer noch: um wie viel höher liegt die Summe derer, die nicht erwischt werden?

Dass nun die reflexartigen Rufe nach einem Rücktritt laut werden, ist nichts weiter als der Ausdruck einer festgefahrenen Denkweise und mangelhafter Reflexion der Sachlage. Treffender ausgedrückt: er ist pure Polemik.
Natürlich muss Frau Käßmann die Konsequenzen ihrer Tat tragen. Sie wird sich gerichtlich verantworten müssen. Natürlich darf man von Frau Käßmann allein ihres Amtes wegen erwarten, dass sie darüber hinaus persönliche Konsequenzen trägt.
Die aber sollten der Sache gerecht werden. Und genau hier besteht das Missverhältnis. Oder hat irgendjemand den mehr oder minder ehrenwerten Bischof Mixa nach dessen verbaler Irrfahrt zur sexuellen Revolution zum Rücktritt aufgefordert? Wo diese doch kausal mit seinem Amt zu tun hatte? Oder Westerwelle? Oder, oder, oder...

Sachdienlich wäre die Forderung, Frau Käßmann möge ihren Führerschein freiwillig (dauerhaft?) abgeben. Über die Sinnigkeit einer solchen Forderung ließe sich freilich dennoch streiten. Zumindest aber wäre sie mal eine willkommene Abwechslung in der orchestrierten Litanei der immer gleichen und fehlgeleiteten Rufe nach Rücktritt.



Nachtrag I: Die Süddeutsche Zeitung hält ein dezentes und dennoch treffendes Plädoyer für einen Verbleib Käßmanns im Amt. Sehr schön und in jedem einzelnen Punkt sehr treffend.

Nachtrag II: Nachdem sich der Rat der EKD geschlossen hinter Käßmann gestellt hat, sollte das Thema wieder vom Tisch genommen werden können.

1 Kommentar:

Unknown hat gesagt…

Rainer Grauer
78052 Villingen-Schwenningen
r.grauer@email.de

Die Bischöfin, Frau Käßmann hat einen Fehler gemacht den Sie zu tiefst bereut. Was sie veranlasst hat ihre Rolle als Vorbildfunktion kurzfristig zu verlassen, kann nur sie selbst wissen. Ihr ist hoch anzurechnen, dass sie die Konsequenzen zieht und zurücktritt.

Frau Käßmann ist keine Heilige, will keine sein und hat gegen von Menschen gemachte Gesetze, die für alle Menschen gleich gelten, verstoßen. Dafür muß sie die srafrechtliche Konsequenz tragen.

Ein vorbildhaftes Verhalten der Kirchen-Menschen, die was zu sagen haben, wäre, wenn Sie Jesus folgen würden und Sie bitten würden, zu bleiben "Geh hin und sündige nicht mehr!"....Wir sind noch nicht im Paradies, wir sind immer noch Menschen... und Menschen machen Fehler... menschliche Größe wäre, diese Fehler zu verzeihen.... Vergebung der Sünden.. nicht nur von Gott, sondern auch von Menschen untereinander... Die Chance des Bereuens und des Neubeginns geben....
und offen und ehrlich zu sein....
wir haben keine bessere... bitte bleiben Sie und setzen ihre christlich geprägten Vorstellungen um...wir stehn hinter Ihnen und begleiten Sie auf ihrem Weg... seien Sie weiterhin authentischer Mensch mit Ecken und Kanten und seien Sie Nachfolgerin von Jesus, in dem Sie seine (r)evolutionären Gedanken (ich denke dabei hauptsächliche an die Bergpredigt) in die heutige Sprache und heutige notwendige Verhaltensmuster übersetzen... Jesus ist aktueller denn je... Die Zeit ist entfernter von seinen rettenden Konzepten als je zuvor... Frau Käßmann kann diesen Teufelskreis durchbrechen, in dem sie möglichst viele Menschen (Christen und Nicht-Christen) durch glaubhafte Überzeugungsarbeit aktiviert.
ich bin dabei.

Rainer Grauer