Dienstag, 2. Februar 2010

Der Schleier des Verkennens

Er lässt uns nicht los – der Islam. Er beschäftigt anständige Christenmenschen in diesem Lande mittlerweile mehr als die eigene Religion. Zuerst haben wir uns über die Integrationsunwilligkeit muslimischer Eltern beschwert, dann wurde hitzig über Minarette diskutiert und nun sind wir bei der Burka und ereifern uns über deren Eigenart als Bremse einer vollkommenen Integration.

Frankreich hat mittlerweile schon Nägel gemacht, die irgendwann in näherer Zukunft auch einen Kopf bekommen sollen. Die Burka soll aus dem Alltag der Franzosen verbannt werden. Und weil Frankreich mit seiner Revolution noch immer als das Leitpferd demokratischer Grundordnung in Europa gilt, horcht auch ganz Europa auf, wenn sich die Nationalversammlung zu solch einer Empfehlung hinreißen lässt.
Schon wird es auch in Deutschland greifbar, eine Ächtung oder gar ein Verbot von Burkas in öffentlichen Gebäuden, gar im öffentlichen Nah- und Fernverkehr.

Dabei greift die Debatte – man möchte fast sagen: wie immer – viel zu kurz. Dürfte man davon ausgehen, dass hinter jedem Schleier eine einigermaßen aufgeklärte, selbstständige und vielleicht sogar noch Deutsch sprechende Frau stecken würde, wäre die unselige Diskussion nie aufgekommen. Der Schleier wird aber noch immer mehr mit systematischer Unterdrückung muslimischer Frauen als mit der islamischen Religion selbst in Verbindung gebracht. Das hat natürlich seinen Grund.
Aber den Frauen, auf die das Verbot abzielt, ist nicht geholfen, wenn man sie ihres einzigen Schutzraums beraubt, innerhalb dessen sie sich aus ihrer Wohnung wagen dürfen. Wichtiger wäre vielmehr sicher zu stellen, dass alle Migranten eine wirkliche Integration in die Gesellschaft erfahren. Dazu gehören Deutschkurse genauso wie Verständnis und Toleranz seitens der eingesessenen Bevölkerung. Dazu gehört auch das konsequente Ahnden allen Unheils, das durch überzogene und fehlgeleitete Interpretation des Islams entsteht – insbesondere häusliche Gewalt.
Wenn eine tatsächlich unterdrückte Frau genug Courage besitzt, auf ihr Problem aufmerksam zu machen, und wenn gleichzeitig ein unterdrückender Mann merkt, dass er mit seinen Methoden hier nicht erwünscht und nicht geduldet ist, dann kann man getrost davon ausgehen, dass eine Burka tatsächlich aus freien Stücken und Gründen der religiösen Identität getragen wird. Genauso wie eine Kippa oder ein Kreuz. Und wer sind wir, dass wir so etwas verbieten wollten?

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