Sonntag, 27. September 2009

Der Abend der SPD

Ich habe den heutigen Abend im Willy-Brandt-Haus verbracht. Nach dem Unterhaltungswert darf gern gefragt werden. Ich darf sagen, ich fand es gar nicht schlecht. Allerdings muss ich hinzufügen, dass ich erst nach 19 Uhr dort eingetroffen bin. Die kollektive Fassungslosigkeit, so es sie gegeben hat, war da schon gegangen.
Ebenfalls verpasst habe ich die Parteispitze. Vielleicht erklärt das die Atmosphäre, die mehr an eine bourgeoise Gartenparty denn an eine verlorene Wahl erinnerte. Die einzig wirklich politisch angehauchten Momente waren ein Applaus für Platzeck (als er die in der Landtagswahl so grandios gescheiterte DVU erwähnte) und der unvermeidliche Buh-Ruf, als Westerwelle auf der Großbildleinwand erschien. Nicht zu vergessen ist hierbei ein Moment, den ich auf dem Weg zum Presse-Eingang erleben durfte: Eine junge Dame von der Security fragte, im Übrigen nach Steinmeiers und Münteferings Rede, ob „die“ denn jetzt verloren hätten.

Innerhalb des Willy-Brandt-Hauses war es voll, belebt, man möchte fast sagen: von gelöster Stimmung. Das lag natürlich an der Abwesenheit der Parteispitze und an der beinah massenhaften Präsenz der Vertreter des deutschen Feuilletons. Aber auch geladene Gäste und Parteimitglieder schienen die Niederlage nicht so schwer zu nehmen, wie ich das erwartet hatte. Möglicherweise hatte man den Moment tiefgreifender Schockstarre schon hinter sich. Oder er wird noch folgen.

Bezeichnend und irgendwie auch belustigend war die Auswahl der Speisen: Chili con Carne und Currywurst in Porzellan. Noch bevor ich mein Abendessen in der Hand hatte, drängte sich mir der Gedanke an die Allegorie auf: der Spagat zwischen Arbeiterklasse und Bürgertum. Die Currywurst wurde von einem Koch in weißer Uniform mit hoher Mütze ausgegeben.
Ich habe übrigens überaus lokalpatriotisch gegessen: zur Wurst gab es Berliner Pilsener.

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