Freitag, 1. August 2008

Beitrag von der anderen Seite - Fred hängt ein Bild auf

Ich möchte dem geneigten Leser einen Beitrag nicht vorenthalten, der mich gestern an den Rand der Atemnot getrieben hat. Ein plattenbaubewohnender Freund schreibt über die Unbillen handwerklicher Tätigkeiten.
Viel Vergnügen!


Fred hängt ein Bild auf

Kennt Ihr das auch? Naja, vielleicht nicht so wie ich, aber der eigentlich simple Auftrag an den Heimwerker verursacht Kollateralschäden in Heim und an den Nerven…

Fangen wir am Anfang an: Die Erde war wüst und leer… kleiner Scherz, soweit müssen wir nicht zurück.
An einem vergangenen sonnigen und brütend heiß angekündigten Tag der letzten Woche beschloss ich, endlich einige liegen gebliebene Dinge zu erledigen. Dazu gehörte auch das Bilderaufhängen. Vier Bilder, um genau zu sein. Ein Geschenk von Fox in zarten Blautönen, zwei kleinere Bilder und ein handgemal… fertigtes Bild in Acryl auf Leinwand. Violett dominiert. Aber das ist Nebensache.
Frohen Mutes griff ich zu dem, was mir der Weih’mann gebracht hatte. Einen Bohrhammer Bosch PBH 2000 SRE. Wuar, mehr Power. Das Ding ist geil. Durch Beton geht er wie ein heißer Lötkolben durch Butter, die seit einer Stunde in der Sonne liegt.

Loch 1: 6mm … wamm, erledigt und vergessen.
Loch 2 und 3: 4mm … wamm, wamm, ansonsten siehe Loch 1.

Dübel rein, Haken rein, Bilder aufhängen, freuen, stolz präsentieren.
Ja, ich bin ein Mann, ich habe das mit meinen eigenen Händen und hammergeiler Technik erledigt. *grunzgrunz*

Halt, bevor es weitergeht, müssen wir vor den Anfang zurück.
Als wir hier eingezogen sind, haben wir uns bewusst für eine Selbstausbauwohnung entschieden. Erstens spart das Geld (und das ist ein sehr bedeutendes Erstens), zweitens kriegt man, was man bzw. Frau will, drittens kann man Verwandte und Freunde skrupellos ausbeuten (SCHERZ! Ich werde ewig dankbar sein, solange ich Tapeten, Laminat, Putz, Fliesen, Sockelleisten und ein Waschbecken begutachte), viertens tut man heimwerkerliche Dinge, die man sonst nie in seinem Leben getan hätte und fünftens können Mann und Frau mal was gemeinsam unternehmen.
Das Projekt beinhaltete Putzen im Flur und Wandfließen im Bad. Sprich wir kennen jeden Winkel in der Wohnung und wissen, dass wir genau einen rechten Winkel haben. Außerdem ist jede Tür ein Einzelstück und somit wertvolles Unikat. Was der Bundesrepublik ihre DIN, war der DDR ihr TGL, wobei mich der Verdacht beschleicht, das TGL hatte mehr empfehlenden denn verpflichtenden Charakter. Wie dem auch sei.

Der gute, mittlerweile 31 Jahre alte Plattenbau (bevor hier jemand lächelt, das Konzept wird derzeit als neue amerikanische Erfindung als Fertigteilhausbau auf dem Markt blendend verkauft, auch wenn dort langweiliger, aber massiver Beton durch ein leicht zu bearbeitendes und kaputtzumachendes Holz-Gipsgemisch ersetzt wurde) hat den „Standard“ WBS 70. Die „“ um den Standard sind Absicht. Jeder Winkel und jedes Maß sind absolute Einzelstücke, siehe oben.
Wichtig ist, dass der WBS 70 einen so genannten „I-Schacht“ hat, was für Installationsschacht steht. Also Wasser rauf und … gebrauchtes Wasser runter. Im Idealfall. Das bedeutete auch, dass die Badezimmer industriell vorgefertigt wurden, als eigenständiges Betonbauteil, fertig gefliest uns so weiter, bei dem nur die Anschlüsse stimmen mussten. Sprich der Klempner ließ den Azubi nicht die 50 kg Stahlbadewanne in den 6. Stock tragen, sondern schaute zu, wie ein Bad über das andere per Kran gestapelt wurde, verband die Anschlüsse – im Idealfall richtig – und die Sache war erledigt.

Sparfüchse und helle Köpfe, wie es DDR-Architekten nun mal waren, stellten fest, dass eine Wandstärke von 4,5 cm Beton für so ein Bad völlig ausreicht. Es hat keinen Außenwandkontakt, die angrenzende Küche kriegt eine eigene Wand, und ansonsten sind ja Wände drumrum. Tragen muss es auch nicht, denn es wird etagenweise mit den jeweiligen Decken- und Fußbodenträgern verbunden.
Nicht doof. Hätten Sie nicht an der Wand zum Flur gespart.

Ihr ahnt, was kommt. Der gemeinde Kragendübel hat eine Länge von genau 40mm. Das sind 4cm. Meine Wand ist genau 4,5cm also 45mm stark. Und mein Bohrhammer ist kraftvoll. Stark. Männlich.
Ihr denkt sicher. Haha, jetzt hat er durch die Wand gebohrt und kann nun entweder einen Schwerlasthaken mit ner Mutter kontern. Oder: Jetzt zieht es beim Duschen. Oder: Nicht schlimm, das kann die Dübelmasse wieder richten.
Falsch.
Ihr erinnert Euch an die eine Disziplin des Selbstwohnungsausbaus? Richtig, die Badwand fliesen. Dämmert es?
Ich höre noch die weisen Worte meiner weisen Frau: „Pass auf, dass Du nicht durchkommst“, in diesem Moment gibt es einen Schlag, es ertönt dieses typische Geräusch von keramischen Splittern (kennt ihr vielleicht vom Mittelaltermarkt, wenn ihr besoffen den handgetöpferten Metbecher habt fallen lassen) gefolgt von einem metallischen Scheppern.
Ein Viertel einer Fliese löste sich aus der Wand, stürzte in die Wanne und lag anklagend da.

Entgegen aller Wahrscheinlichkeiten, die sonst zum Heimwerkerdasein gehören, hatten wir doch noch eine Fliese aus der Charge übrig und wieder findbar deponiert. Wir hatten sogar noch eine Tüte Fliesenkleber und Fugenspachtel auffindbar und brauchbar direkt daneben.
Was wir nicht hatten (und immer noch nicht haben), ist ein Meiselaufsatz für den Bohrhammer. Es galt die gute, alte Handarbeit einzusetzen.
Getreu dem Motto: Wenn Gewalt nicht hilft, hilft mehr Gewalt. Oder: Wo rohe Kräfte sinnlos walten, sind sie oft mit unglaublicher Dummheit gepaart. Oder: Man tut Dinge, die man sonst nie getan hätte. Wir schlugen mit Hammer und Meiselersatz Schraubenzieher (mein alter Werkenlehrer rotiert sicher im Grabe, denn Erstens muss es Schraubendreher heißen und Zweitens muss man für jeden Job das richtige Werkzeug benutzen) auf die Fliesenreste – immerhin ¾ des Originals – und jede Menge hartnäckigen Fliesenkleber ein.
Etwa eine Stunde für die traurigen Reste. Fliegende Splitter, tropfender Schweiß und lahme Arme. Aber so haben wir Urlaub mal was gemeinsam unternommen.

Erfreulicherweise blieben weitere Katastrophen aus. Die Ersatzfliese klebt, verfugt ist sie auch, man sieht nichts mehr, der Handtuchhalter hängt wieder und wider Erwarten und entgegen aller Wahrscheinlichkeiten hat die Emaillierung der Wanne keinen Schaden genommen. Genauso wenig wie die nur einen Tag zuvor neu gesetzte Silikonfuge am Badewannenrand...

Ach ja, das Bild hängt übrigens…

Demnächst mehr. Hier liegt nämlich noch ein Whiteboard rum, das an die Wand muss…

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