Samstag, 21. Juni 2008

Macho auf germanisch

Freiwillige Feuerwehren sind in den jeweiligen Gemeinden oder Ortsteilen nicht nur reine Brandbekämpfungsorgane sondern auch eine gesellschaftliche Institution wie beispielsweise Schützen- oder Karnevalsvereine. Sie bieten den Mitgliedern einen Anlaufpunkt, Kontakte und hin und wieder ein Bier. So provinziell das wirken mag, soweit ist das ja in Ordnung. Tut keinem weh.

Freiwillige Feuerwehren sind ebenso, gesellschaftlich bedingt und damit auch historisch gewachsen, sehr stark durch Männer dominierte Gruppen. Auch das ist, das möchte ich vorweg ausdrücklich betonen, per se weder anrüchig noch schlecht. Es ist zuerst einmal ein Faktum.


Problematisch wird es allerdings, wenn diese beiden Faktoren in einer Art und Weise aufeinander treffen, die die Mitglieder solcher Gruppen zu dem irrigen Schluss kommen lassen, ihre Gemeinschaft sei eine Art elitärer Kreis, in dem die Aufnahme nicht jedem zusteht und sich auch erst verdient werden muss.

Das jahrelange Festhalten an einem Frauenlöschzug ist ein Beispiel. Was so herrlich emanzipatorisch und gleichberechtigt klingt, ist nicht mehr als der Versuch, Frauen aus der Männergruppe fernzuhalten, indem man ihnen Ausbildungs- und Schulungsdienste anbietet, die nur halb so oft stattfinden und deren Inhalte sich entweder um Funken oder Absperren drehen. Ausnahmen beinah zwecklos gesucht. Das Schlimme daran ist, dass kein Mitglied des Männerlöschzugs jemals den Mund aufgemacht und diese Verschwendung von Einsatzkräften angesprochen hat. Der eigenen Kreis könnte ja infiltriert werden. Frauen sind ansteckend.

(Und an dieser Stelle sei frei heraus gesagt: Ja, liebe Kameraden aus der FF Neumark, ich habe Eure zu jeder Zeit bestenfalls symbolische Unterstützung nicht vergessen.)


Weit schlimmer noch ist es, und hier spreche ich, Gott sei Dank, nicht aus eigener Erfahrung, wenn solche Gemeinschaften ihre neuen Mitglieder durch Aufnahmerituale schleusen, die mit Menschenwürde in etwa so viel gemeinsam haben wie ein Kellerfrosch mit Zoologie. Vorweg: gegen kleine Rituale habe ich generell nichts einzuwenden. Meine Taufe beschränkte sich auf eine Komplettdusche aus einer Kübelspritze und war schon deshalb lustig, weil sich wirklich alle amüsiert haben. Mich eingeschlossen. Gelebte Anachronismen können auch Spaß machen.

Wo solcherlei Zeremonien aber dazu missbraucht werden die Folter- und Sexfantasien der Ausführenden zu befriedigen und zu beflügeln, kann von kameradschaftlichem Verhalten keinerlei Rede mehr sein. Verantwortliche, die solches Verhalten dulden oder gar zulassen, verletzen nicht nur ihre Sorgfaltspflicht sondern missbrauchen auch in eklatantem Maße das ihnen entgegen gebrachte Vertrauen, und zwar von Anwärtern und Vorgesetzten, von Angehörigen, Eltern und Steuerzahlern.


Anlass, aber keinesfalls alleinige Ursache, meiner Tirade ist ein Vorfall aus Oer-Erkenschwick, nachzulesen hier. Die Kurzfassung: Ein solches Aufnahmeritual läuft aus dem Ruder und Schuld ist natürlich die (an einen Baum gefesselte) junge Frau, die zum Schutz der Truppe nun aus der Wehr entlassen werden sollte. Völlig klar, oder?

Ich hoffe für Nathalie Wiedner (Opfer gleich Täter), dass sie sich nicht unterkriegen lässt. Und ich hoffe für die Verantwortlichen der Stadt, die sich so blind hinter ihren Brandmeister gestellt haben, dass sie von einem großen Haufen Vernunft erschlagen werden, auf dass ihre Nachfolger dann genug davon haben werden.

1 Kommentar:

Caro Mahn-Gauseweg hat gesagt…

Zwischenstand: der Stadtbrandmeister wurde mittlerweile aus seinem Amt entlassen.