Sonntag, 26. Juni 2016

Übernehmt Verantwortung für Euer Tier!

Gestern bin ich über folgenden Tweet gestolpert:



Ich habe den Sachverhalt wie folgt kommentiert:



Die gemischten Reaktionen darauf haben mich dazu veranlasst, ein paar erläuternde Worte dazu zu schreiben, denn das Thema beschäftigt mich.



§ 1 S. 2 des Tierschutzgesetzes besagt:
Niemand darf einem Tier ohne vernünftigen Grund Schmerzen, Leiden oder Schäden zufügen.
Natürlich unterstelle ich im vorliegenden, beispielgebenden Falle nicht, dass die Besitzerin ihrem Hund unmittelbar Schmerzen, Leiden oder Schäden zugefügt hat.
Schmerzen, Leiden oder Schäden zu vermeiden umfasst aber auch, dem eigenen Tier eine Behandlung angedeihen lassen zu können, die Schmerzen, Leiden oder (dauerhafte) Schäden beendet, verhindert oder zumindest mindert, soweit das in einem vernünftigen Maße möglich ist. Und genau das ist der Knackpunkt.
Wer sich ein Tier anschafft oder entscheidet, es trotz sich verändernder Lebensumstände zu behalten, hat die Pflicht dazu, Vorsorge zu treffen für den Fall eines Unfalls oder einer Krankheit des Tieres. Punkt.
Tierarztbehandlungen sind, je nach Art und Größe des Tieres, eine kostspielige Angelegenheit. Darauf muss man vorbereitet sein, denn niemand kann davon ausgehen, dass ausgerechnet ihr/sein Tier unfall- oder krankheitsfrei durch’s Leben kommt. Das Prinzip Hoffnung, es möge schon nichts passieren, ist fahrlässig.

Zu den monatlichen Kosten der Tierhaltung gehören deshalb nicht nur die Unterbringung, Futter und die unmittelbare Ausrüstung. Dazu gehören Kosten für regelmäßige Behandlungen (Wurmkuren, Impfungen, …), für erwartbare Behandlungen (Kastrationen, Zahnbehandlungen, …) und auch Rücklagen für unvorhergesehene Ereignisse (Unfälle oder Krankheiten). Gerade Letzteres scheint einigen Tierhalterinnen und Tierhaltern nicht bewusst zu sein oder es wird von ihnen ignoriert.
Vorsorge zu treffen ist dabei gar nicht so schwer. Am Einfachsten ist es natürlich, über hinreichend Einkommen zu verfügen, um auch unvorhergesehene Kosten decken zu können. Je kleiner das Tier, desto einfacher ist das in der Regel. Gibt es im Freundeskreis oder in der Familie jemanden, die/der im Notfall einspringen kann, ist das natürlich ebenso gut. Hat meine diese Möglichkeit nicht, ist das kein Ausschlusskriterium. Dann aber empfiehlt es sich, entweder monatlich kleine Beträge zurückzulegen oder sich an einen Anbieter von OP-Versicherungen zu wenden. Für einen Hund kostet eine OP-Versicherung monatlich ca. 10 – 15 €. Und das muss drin sein! Auch für Menschen mit geringerem Einkommen. Niemand würde schließlich auf die Idee kommen, sich ein Tier zuzulegen, wenn das Futter absehbar nicht bezahlbar ist. Das Prinzip ist das Gleiche.

Es hat nichts mit Tierliebe zu tun, ein Tier trotz beschränkter finanzieller Möglichkeiten, beispielsweise durch sich verändernde persönliche Umstände, zu behalten. Vor allem dann nicht, wenn sich diese Entwicklung abzeichnet (Beginn eines Studiums, …). Ich bin beinahe geneigt zu sagen, dass das eher in Richtung Egoismus geht. In jedem Falle ist es verantwortungslos und wird, zwangsläufig, auf dem Rücken des (irgendwann möglicherweise) behandlungsbedürftigen Tieres ausgetragen.

Was mich am vorliegenden Falle zudem ärgert, ist der Rückgriff auf das Crowdfunding. Frei nach dem Motto: „Ich habe nicht daran gedacht, also wende ich mich jetzt an Euch und bebildere mein Anliegen mit Fotos von meinem kranken Hund.“ Ist das schon emotionale Erpressung?
Hinzu kommt: es kann immer Situationen geben, in denen sich Tierhalterinnen und Tierhalter unverhofft und unerwartet wiederfinden: das Einkommen, das sonst locker für Tierarztbehandlungen gereicht hat, bricht weg; mehrere finanziell gravierende Probleme kommen zusammen (ein absehbar geringes Einkommen meine ich hier genau nicht); die gebildeten Rücklagen reichen nicht, weil aus einer OP durch unglückliche Umstände drei wurden; …
In diesen Fällen habe ich für Hilferufe via Crowdfunding durchaus Verständnis (und hätte diesen Beitrag nie geschrieben). Nur werden die Adressaten solcher Aufrufe mit jedem Aufruf, der nicht unter diese Kategorie fällt, abgestumpft, sodass für wirkliche finanzielle Notlagen bei Tierhalterinnen und Tierhaltern dann unter Umständen nicht mehr viel übrig ist (an Mitgefühl oder Geld). Und das nur, ich sagte es schon, weil andere nicht vorgesorgt haben.

Ich habe mit Pferden zu tun, seit ich 12 Jahre alt bin (die studienbedingte Unterbrechung mal weggerechnet). Seit einigen Jahren besitze ich selbst ein Pferd. Da sich mein Reiterleben in Pensionsställen abgespielt hat, habe ich leider mehrere Fälle miterleben müssen, in denen Pferde unter genau dieser Verantwortungslosigkeit ihrer Besitzer leiden mussten. Da wurde an einer erkennbaren Sehnenverletzung herumgedoktort, weil ein Tierarzt oder eine Tierärztin zu teuer waren, bis das Pferd dauerhaft lahm ging und schlussendlich eingeschläfert werden musste. Oder es wird ein Pferd mit einer (leicht behandelbaren) Sandkolik noch nicht mal mehr in eine Klinik gefahren sondern gleich eingeschläfert, weil die Behandlung zu teuer ist. Auf physiologisch indizierte Spezialbeschläge wird verzichtet mit dem Ergebnis, dass das betroffene Pferd dauerhaft lahm geht. Zwei, drei Beispiele gibt es noch, nur aus meinem Umfeld. Und all das waren keine Fälle, in denen die Besitzerinnen unerwartet in Finanznot gerieten. Sie sind sehenden Auges in eine solche Situation hineingesteuert.

Tierliebe bedeutet nicht, um jeden Preis ein Tier zu halten, auch wenn eine Trennung emotional fordernd ist (nein, das ist kein Plädoyer dafür, ein Tier in’s Tierheim zu geben; es gibt auch andere Wege). Tierliebe bedeutet, dann die Verantwortung der Tierhaltung einzugehen, wenn man auch in der Lage ist, sie zu tragen. Und zwar vollumfänglich. Sich über diesen vollen Umfang zu informieren und sich diesen auch bewusst zu machen, gehört dazu.

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