Dienstag, 14. Oktober 2014

Replik zu einem Heise-Kommentar zum #Gamergate

Dieser Blogpost ist eine Replik auf Fabian Scherschel, der vor einigen Tagen einen ziemlich unsäglichen Kommentar zum #Gamergat auf heise.de publiziert hat. Zu finden ist das zweifelhafte Machwerk hier. Mir ist bewusst, dass er nicht mehr ganz aktuell ist. Der Umstand, dass er mich trotzdem noch beschäftigt, macht hoffentlich deutlich, wie sehr ich mich darüber ärgere.





Lieber  Fabian Scherschel,

gestern habe ich Ihren Kommentar zum #Gamergate gelesen und noch heute rege ich mich derart darüber auf, dass ich mich sogar dazu hinreißen lasse, eine Replik zu schreiben.
Mehrere Punkte Ihres Beitrags sind mir bei der Lektüre sehr sauer aufgestoßen.

Zuerst einmal: Probleme gegeneinander ausspielen ist eine ziemlich armselige Taktik. Ein „haben wir keine wichtigeren Probleme?“ ist keine Argumentation sondern ein Totschlag. Dem Schema folgend dürften wir, solange Menschen durch Gewalt oder an Hunger sterben, weniger existenzielle Probleme wie Massenüberwachung oder Bürgerrechtseinschränkungen durch diverse Anläufe zu Freihandelsabkommen nicht thematisieren. Es gibt ja „Wichtigeres“. (An der Stelle sei die Frage gestattet, ob Sie heise.de denn bitte abschalten, solange noch Kinder mit aufgeblähten Bäuchen an Unterernährung verrecken oder Menschen in ihren Häusern von ferngelenkten Raketen getötet werden?)

Beinahe putzig finde ich Ihre Trennung zwischen „Spiel“ und „Realität“. Erinnert mich ein bisschen an politische Spezialexperten, die das Netz und alles, was sich hinter einem Bildschirm abspielt, als völlig abgekoppelt von der „realen Welt“ empfinden. Videospiele sind aber keine merkwürdige Parallelwelt, die irgendwo im leeren Raum herumdümpelt, ohne jeden Bezug zur „realen Welt“. Sie sind ein Spiegel unserer Gesellschaft. Und Sexismus ist ein reales Problem eben dieser Gesellschaft. Und solange das so ist (was Sie, wenn ich Sie richtig verstehe, auch nicht bestreiten), solange sollte mit den Botschaften, die von so einflussreichen Medien wie Videospielen ausgehen, sehr vorsichtig umgegangen werden.
Der Vergleich von Sexismus mit gesellschaftlich geächtetem Verhalten wie die von Ihnen angesprochenen Beispiele Gewalt (die Sie offenbar nur als körperliche Gewalt begreifen, was wiederum auch eine sehr eingeschränkte Sicht der Dinge ist) und Vergewaltigungen greift überdies entschieden zu kurz. Es gibt nicht nur einen breiten Konsens darüber, dass es Scheiße ist, Menschen mit Schwertern zu erschlagen oder sexuell zu missbrauchen. Es ist darüber hinaus sogar strafrechtlich relevant. Es ist tief in unserer Moralvorstellung verhaftet, dass diese Dinge nicht akzeptabel sind, weil sie anderen Menschen unermesslichen Schaden zufügen. Diese Einsicht sehe ich bei geschlechterbezogener Benachteiligung allerdings noch lange nicht. Weder gibt es einen breiten gesellschaftlichen Konsens, dass Sexismus geächtet und ausgemerzt gehört, noch wird er durch irgendein wirksames Instrument auch nur ansatzweise sanktioniert.
Wie dämlich diese Argumentation im Ganzen ist, demonstrieren Sie aber zum Glück auch selbst mit den Worten "In der Realität töte ich ja auch keine Drachen". Leider zeigen Sie damit auch in aller Deutlichkeit, wie wenig ernst Sie das ganze Problem nehmen.

Sexismus ist ein Problem, dass durch die Medien, die die Mitglieder unserer Gesellschaft konsumieren, beeinflusst wird. Und Videospiele sind sehr einflussreiche Medien geworden. Ist es tatsächlich „nicht so schlimm“, dass ein so überkommenes Weltbild durch sexistische Videospiele weiter befördert werden soll?


Beste Grüße,
Caro Mahn-Gauseweg aka @688i
(zockt auch gerne Skyrim)

Keine Kommentare: