Dieser Blogpost ist eine Replik auf Fabian Scherschel, der vor einigen Tagen einen ziemlich unsäglichen Kommentar zum #Gamergat auf heise.de publiziert hat. Zu finden ist das zweifelhafte Machwerk
hier. Mir ist bewusst, dass er nicht mehr ganz aktuell ist. Der Umstand, dass er mich trotzdem noch beschäftigt, macht hoffentlich deutlich, wie sehr ich mich darüber ärgere.
Lieber Fabian
Scherschel,
gestern habe ich Ihren Kommentar zum #Gamergate gelesen und
noch heute rege ich mich derart darüber auf, dass ich mich sogar dazu hinreißen
lasse, eine Replik zu schreiben.
Mehrere Punkte Ihres Beitrags sind mir bei der Lektüre sehr sauer aufgestoßen.
Zuerst einmal: Probleme gegeneinander ausspielen ist eine
ziemlich armselige Taktik. Ein „haben wir keine wichtigeren Probleme?“ ist
keine Argumentation sondern ein Totschlag. Dem Schema folgend dürften wir,
solange Menschen durch Gewalt oder an Hunger sterben, weniger existenzielle Probleme
wie Massenüberwachung oder Bürgerrechtseinschränkungen durch diverse Anläufe zu
Freihandelsabkommen nicht thematisieren. Es gibt ja „Wichtigeres“. (An der
Stelle sei die Frage gestattet, ob Sie heise.de denn bitte abschalten, solange
noch Kinder mit aufgeblähten Bäuchen an Unterernährung verrecken oder Menschen in
ihren Häusern von ferngelenkten Raketen getötet werden?)
Beinahe putzig finde ich Ihre Trennung zwischen „Spiel“ und „Realität“.
Erinnert mich ein bisschen an politische Spezialexperten, die das Netz und
alles, was sich hinter einem Bildschirm abspielt, als völlig abgekoppelt von
der „realen Welt“ empfinden. Videospiele sind aber keine merkwürdige Parallelwelt,
die irgendwo im leeren Raum herumdümpelt, ohne jeden Bezug zur „realen Welt“. Sie
sind ein Spiegel unserer Gesellschaft. Und Sexismus ist ein reales Problem eben
dieser Gesellschaft. Und solange das so ist (was Sie, wenn ich Sie richtig
verstehe, auch nicht bestreiten), solange sollte mit den Botschaften, die von
so einflussreichen Medien wie Videospielen ausgehen, sehr vorsichtig umgegangen
werden.
Der Vergleich von Sexismus mit gesellschaftlich geächtetem
Verhalten wie die von Ihnen angesprochenen Beispiele Gewalt (die Sie offenbar
nur als körperliche Gewalt begreifen, was wiederum auch eine sehr eingeschränkte
Sicht der Dinge ist) und Vergewaltigungen greift überdies entschieden zu kurz.
Es gibt nicht nur einen breiten Konsens darüber, dass es Scheiße ist, Menschen
mit Schwertern zu erschlagen oder sexuell zu missbrauchen. Es ist darüber
hinaus sogar strafrechtlich relevant. Es ist tief in unserer Moralvorstellung
verhaftet, dass diese Dinge nicht akzeptabel sind, weil sie anderen Menschen
unermesslichen Schaden zufügen. Diese Einsicht sehe ich bei
geschlechterbezogener Benachteiligung allerdings noch lange nicht. Weder gibt
es einen breiten gesellschaftlichen Konsens, dass Sexismus geächtet und
ausgemerzt gehört, noch wird er durch irgendein wirksames Instrument auch nur
ansatzweise sanktioniert.
Wie dämlich diese Argumentation im Ganzen ist, demonstrieren Sie aber zum Glück auch selbst mit den Worten "In der Realität töte ich ja auch keine Drachen". Leider zeigen Sie damit auch in aller Deutlichkeit, wie wenig ernst Sie das ganze Problem nehmen.
Sexismus ist ein Problem, dass durch die Medien, die die
Mitglieder unserer Gesellschaft konsumieren, beeinflusst wird. Und Videospiele
sind sehr einflussreiche Medien geworden. Ist es tatsächlich „nicht so schlimm“,
dass ein so überkommenes Weltbild durch sexistische Videospiele weiter
befördert werden soll?
Beste Grüße,
Caro Mahn-Gauseweg aka @688i
(zockt auch gerne Skyrim)
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