Mittwoch, 4. Juni 2014

Ideologien und warum ich bei der Etikettierung der PIRATEN nichts davon halte




 Vorbemerkung 1: Dieser Text fußt im Wesentlichen auf einem Argumentationsstrang von CeCe, den aufzunehmen ich mir einfach mal anmaße.
Vorbemerkung 2: Wenn ich das Wort „Ideologie“ aufnehme, dann meine ich klassische politische Ideologien wie „links“, „liberal“, „sozialistisch“ und so weiter. Mir ist durchaus klar, dass die Gesamtheit meiner politischen Überzeugungen auch eine Ideologie darstellen kann, aber auf diese philosophische Ebene will ich die Debatte nicht führen. Sie ginge am Kern meines Anliegens vorbei.
Vorbemerkung 3: Dieser Text ist im Grunde eine ausführlichere Version dieses Tweets


Ich kann mich mit der Bezeichnung „sozialliberal“, die sich eine Reihe von PIRATEN, formal oder informell, gegeben haben, nicht anfreunden. Genauso wenig wie ich mich mit „links“, „linksliberal“ oder anderen Labels anfreunden kann. Und das hat grundsätzliche Gründe.

Der erste ist methodischer Natur: einer so grundlegenden weil für die Partei definitorischen Festlegung hätte eine umfassende Debatte vorausgehen müssen. Das aber ist nicht passiert. Stattdessen vermittelte die Festlegung den Eindruck eines Schnellschusses, einer Abwehrreaktion auf eine missglückte Aktion bzw. den gefühlten Verlust der Deutungshoheit über die grundsätzliche Ausrichtung der Partei. Ob diese Befürchtung berechtigt ist oder nicht, will ich hier nicht beurteilen. Darüber habe ich mir keine abschließende Meinung gebildet. Dass diese Befürchtung da ist und einer Auseinandersetzung bedarf, steht außer Frage. Sie allein rechtfertigt allerdings nicht eine in meinen Augen vorschnelle Festlegung auf eine Ideologie, von der viele noch nicht einmal in Gänze wissen, was inhaltlich dahinter steht. Was mir gefehlt hat, war eine fundierte Diskussion, begleitet von Bildungsangeboten, um in der Argumentation über Wikipedia-Definitionen hinauszukommen. Das aber hat nicht stattgefunden. Und jede Entscheidung, die auf derart dünnen Beinen steht, stelle ich qualitativ grundsätzlich infrage.

Der zweite Grund ist, tatsächlich, pragmatisch. Ich hänge keiner speziellen Ideologie an und genau dieses Denken hat mir die PIRATEN so sympathisch gemacht. Positionen werden nicht gefasst, weil sie „links“ sind und man sich als „links“ definiert. Positionen werden (ich hoffe nicht, dass sie „wurden“) gefasst, weil sie im aktuellen gesellschaftlichen Kontext und vor dem Hintergrund unseres Anspruches auf Partizipation, auf den Schutz von Grundrechten und eine sinnvolle (keine dogmatische) Transparenz sinnvoll und richtig erscheinen. Diese Positionen können „links“ sein. Sie können auch autoritäre Züge haben, wenn es beispielsweise darum geht, Strafen für Abgeordnetenbestechung zu verschärfen. Sie können auch ganz andere Züge annehmen; liberal, konservativ, sozialistisch.
Wir schreiben uns auf die Fahnen, sachorientierte Politik machen zu wollen. Wir propagieren wechselnde Mehrheiten und Zweckkoalitionen. Und dann wollen wir uns einer politischen Ideologie unterwerfen? Ist das nur für mich ein Widerspruch?

Ich lehne das Label „sozialliberal“ nicht ab, weil ich etwas gegen Sozialliberalismus habe oder weil ich die Grundüberzeugungen der nordrhein-westfälischen PIRATEN nicht teile. Eher das Gegenteil ist der Fall. Ich lehne das Label ab, weil ich ideologische Grundausrichtungen für nicht vereinbar mit meinem Verständnis von Politik halte. Ich will niemals in die Situation kommen, in der ich sage „wir müssen diese Position jetzt nehmen, weil die sozialliberal ist“, auch wenn mir eine andere Position viel sinnvoller erscheint. Diese Gefahr sehe ich bei jeder Art von politisch-ideologischer Festlegung; egal in welche Richtung sie erfolgt. Und deshalb kann ich mich damit auch nicht anfreunden.


1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

Liebe Caro, in deiner Position im BuVo wäre es an Dir gewesen, Möglichkeiten für die angemahnte Diskussion zu schaffen und im Übrigen angemessen auf die Provokationen der "Peergroup" zu reagieren, statt dich mit ihr gemein zu machen. Zugegeben hast du dich in der ganzen Affäre deutlich staatstragender verhalten als etwa Thorsten, der sich nach wie vor offen zu einer ganz klar tief ideologisch geprägten "Peergroup" bekennt. Das ändert aber weder etwas an den Versäumnissen noch an der Tatsache, dass das Kind längst im Brunnen ist. Zu diesem Zeitpunkt besteht allenfalls noch die Wahl zwischen einer Spaltung und einem leicht verlangsamten Dahinsiechen der Piratenpartei Deutschland. Und so leid es mir tut, aber dafür sehe ich die Hauptverantwortung - neben der Peergroup - bei "Deinem" BuVo.