Freitag, 18. Juni 2010

Kollektiver Ärger oder: Die Suche nach der Verhältnismäßigkeit

Unverständnis macht sich breit. Denn: Opel verzichtet auf die Inanspruchnahme staatlicher Bürgschaften. Und nun sind die Länderfürsten, in deren Herrschaftsgebiet Werke des Automobilbauers stehen, sauer. Ihre Verärgerung kann ich gut verstehen. Immerhin haben sie sich eine lange Zeit mehrere untere Gliedmaßen ausgerissen, um dem angeschlagenen Konzern zu helfen. Indessen: geholfen hat es nichts. Denn am Veto des Bundeswirtschaftsministers Brüderle scheiterte bisher jeder Anlauf, rettende staatliche Finanzspritzen an eine Nicht-Bank zu vergeben. Vermutlich ist der Konzern zu wenig systemrelevant.

Ich muss gestehen, dass mich die Entscheidung der Opelspitze nicht wundert. Monatelang wurde gerungen und diskutiert und selbst dann, wenn Otto-Normalbürger der Ansicht war, dass das Thema längst geklärt sei, wurde weiterverhandelt. Hinhaltetaktik könnte man den Akteuren hinter diesem Verhalten unterstellen. Genauso wie mangelndes Wissen und eine nahezu unbegrenzte Taktlosigkeit.
Jedem, der ein Haus saniert oder saniert hat, weiß, dass man mit der Sanierung niemals länger als unbedingt nötig warten sollte. Bleibt das Haus weiterhin in einem schlechten Zustand, verfällt es weiter, steigen die Sanierungskosten und die Nutzbarkeit als Wohnraum rückt zeitlich gesehen in weite Ferne. So gesehen ist es nur recht und billig, wenn Opel sich nun dafür entscheidet, endlich mit der bitter nötigen Sanierung zu beginnen und eben mit geringerem Kapital zu wirtschaften. Mehr wäre natürlich schöner gewesen. Aber wie wahrscheinlich war dieses MEHR nach der Absage durch das Bundeskabinett? Wie lange hätte das Warten noch gedauert?

Darüber hinaus würde ich Reilly durchaus unterstellen, durch die Geldvergabe-Politik der Bundesregierung brüskiert zu sein. Geht es um Nothilfen für angeschlagene oder fast gänzlich ruinierte Bankhäuser, sitzt das Geld des Steuerzahlers locker in der Börse der Kanzlerin und ihrer Ministerriege. Schnell ist es gezückt und munter gleich in 100-Milliarden-Paketen verteilt. Geht es aber um eine Industrie, die tatsächlich reale Werte schafft (und das ohne dabei ganze Volkswirtschaften zu bedrohen), ist die Opferbereitschaft spürbar geringer.

Was soll man davon schon halten?

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