Dienstag, 20. April 2010

Der unberechenbare Journalist oder: Wie man aus einer Wolke heiße Luft herbeizaubert

Dieser Beitrag ist eine Reaktion auf den Kommentar Die unberechenbare Wolke auf Zeit.de.

Liebe Frau Borchardt,

ich habe Ihren Kommentar mit Interesse gelesen, muss aber gestehen, dass ich mit Ihrer Darlegung der Zusammenhänge in weiten Strecken nicht einverstanden bin. Über die globalen Vergleiche zwischen Wirtschaftskrise, Erderwärmung und der über Europa schwebenden Wulkanaschewolke mag ich mir kein Urteil erlauben, allerdings bieten Sie mir Anlass, in Ihre Argumentationskette korrektiv einzugreifen. Drei Punkte scheinen mir an dieser Stelle besonders betrachtenswert zu sein.

Niemand innerhalb der wissenschaftlichen Gemeinde betrachtet durch Berechnung oder durch Simulation (und das ist ein Unterschied) gewonnene Erkenntnisse als etwas anderes als das. Denn der Abhängigkeit der Ergebnisse von den Eingangsparametern ist man sich durchaus bewusst. Die Falsch- oder Überbewertung der Ergebnisse erfolgt in der Regel nur dort, wo man über dieses Wissen nicht verfügt. Politik und Presse gehören leider dazu.

Die Zeit, die verstrichen ist zwischen dem Auftreten des Problems und der ersten „handfesten“ Analyse durch ein Messflugzeug des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR), war genau so lang, wie die Wissenschaftler und Techniker dort benötigt haben, um das Flugzeug für solch eine Messung umzurüsten und vorzubereiten. Diese Vorbereitungen hat das DLR in geradezu beispiellos kurzer Zeit abgeschlossen, bedenkt man die Komplexität der Messsysteme und des Flugzeugs. Mit falschem Vertrauen in angeblich ungeeignete Werkzeuge hat das nichts zu tun.

Sie verlangen nach „Krisenteams“ ohne zu erkennen, dass es die von Ihnen geforderte Diversität in den entscheidungsfindenden Gremien längst gibt. Das nach außen hin geschlossene Auftreten hat mit dem unterstellten Mangel an umfassender (und damit auch kontroverser) Expertise nichts zu tun. Collaborative Decision Making bedeutet nicht, dass alle Beteiligten einer Meinung sind.

Ich bin mir immer noch nicht sicher, was ich von Ihrem Artikel halten soll. Es mangelt ihm an grundlegender Recherche ebenso wie an einem Hinweis darauf. Im Gegenteil klingt Ihre Einschätzung wie das Ergebnis eines lange währenden und auf solidem Hintergrund basierenden Denkprozesses. Auf diese Weise schleusen Sie nicht nur (gefährliches) Halbwissen in die öffentliche Debatte sondern auch offensichtlich grund- und haltlose Unterstellungen.
Mit meinem Verständnis des Journalistenberufes (von dem ich nun freilich wiederum keine Ahnung habe) hat das nichts zu tun.

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